SÜDKURVEN-GESANG
Von Daniel Ryser
In der Südkurve des Espenmoos zelebrieren die Ultras, wie sich jene Fans selbst bezeichnen, eine lebendige, leidenschaftliche und auch umstrittene Fankultur mit Gesängen, Choreografien, Fahnen und Feuerwerk. Unterwegs im harten Kern.
*
Wenn wir auswärts spielen, reisen weniger Fans an
aber die Stimmung ist meistens besser als daheim
weil auswärts vor allem der harte Kern kommt
es gibt weniger Aufruhr, wenn du Feuerwerk zündest
wenn dir hier was nicht passt
dann musst du es den Leuten ins Gesicht sagen
das passiert selten, in Schaffhausen zum Beispiel
da kam einer an und sagte zu mir
«Verdammte Kinderkacke dieses Feuerwerk»
wir hatten die ganze Kurve eingenebelt
mit dickem, grünen Rauch und Vulkanen
eine Woche später sind wir
in der Nacht vor dem Yverdon-Spiel
dorthin gefahren
mit einer Drogenpause an jeder zweiten Raststätte
das Kokain macht dich wieder wach
auf dem Rücksitz liegt einer im Alkohol-Koma
und bewegt sich nicht mehr
es ist stockdunkel, als wir in Yverdon ankommen
ein kalter, heftiger Wind weht vom See herüber
*
Ich trage einen Rucksack
einer hat sich eine Schaufel unter die Jacke geklemmt
wir sind auf der Hut, nicht wie in Thun
wo plötzlich ein Wächter
mit einem Schäferhund vor uns stand
als wir das Feuerwerk vergruben
jetzt graben wir ein Loch
in den Rasen hinter der Gästetribüne
ein Loch für fünfzehn Pyro-Fackeln
manchmal finden sie die Sachen, doch hier sicher nicht
da rechnen sie einfach nicht damit
dass irgendwelche St.Galler krank genug sind
in der Nacht vor dem Spiel extra nach Yverdon zu fahren
um dort einzubrechen und Feuerwerk zu vergraben
doch genau das tun wir, und dann zurück nach Bern
auf der Toilette der Reitschule-Bar fast ein Drogenkoma
kurz schlafen, ein neues Bier köpfen und zurück nach Yverdon
im Stadion die Securitas ablenken, das Feuerwerk ausbuddeln
das ist eine Sache von Sekunden
die Seenotfackeln unter den Fans verteilen
und Anfang der zweiten Halbzeit brennt die ganze Kurve
*
Oben war kein Platz mehr, also gingen wir runter zum Zaun
und hängten dort unsere «Green-Fires»-Zaunfahne auf
das war im Jahr 2000
das Zentrum der Kurve war damals oben
dort wo noch heute die Pauker stehen
die Alten sagen, «Ihr denkt nicht für alle und für den Verein»
die Jungen sagen, «Ihr seid neidisch, eure Zeit ist vorbei»
im unteren Teil der Südkurve war Platz, Neues aufzubauen
nicht schon alles besetzt wie oben, keiner, der sagt
«Weg hier, ich stehe hier schon seit zwanzig Jahren»
schnell sind andere Gruppen dazugekommen
die «Jokers», die «Green-Flash», «Green Power», «Kurve Süd»
alle mit Ultra-Mentalität
die Ultraszene entstand in den Sechzigern
im ehemaligen Jugoslawien und in Italien
und in St.Gallen fast vierzig Jahre später
Ultra bedeutet, du gibst alles für deinen Verein
du gehst an jedes Spiel
du wachst auf an einem Dienstag
mit der Idee für eine Choreografie
du rufst Kollegen an, organisierst Farbe
und Stoff und Spraydosen
investierst hundert, oder dreihundert, oder sechshundert
Stunden Arbeit in eine Choreografie
die beim Einlaufen der Spieler die Kurve
für eine Minute leuchten lässt
sechshundert Stunden Arbeit für eine Minute
das ist der Kick, eine Ekstase
die Scheinwerfer, die einlaufenden Spieler, die Gesänge
*
Hampi treibt die Kurve an, er ist der Capo
Hampi, das bin ich
ich ging schon als kleiner Knirps an die Spiele
die Geschichten, wie du aktiver Fan wirst, ähneln sich
zuerst gehst du mit den Eltern in den blauen Sektor
dann tastest du dich mit Kollegen heran an die Südkurve
und irgendwann stehst du mittendrin
jetzt sitze ich auf dem Gitter mit dem Megafon
ich stimme die Lieder an, die ganze Kurve soll singen
es ist eine Verpflichtung gegenüber der Mannschaft
und die Mannschaft ist uns verpflichtet, dass sie kämpft
eine Kurve, die unter einem Banner vereint singt
das wäre der Traum
wie in Italien
wo fünftausend wie aus einer Kehle singen
von Anpfiff bis Abpfiff
*
Der Moment beim Einlaufen der Spieler ist magisch
zu Beginn der ersten Halbzeit oder der zweiten
du stehst in der Kurve, plötzlich knallt es um dich herum
die Kurve füllt sich mit dichtem Rauch
und dem hellen Glühen der Seenotfackeln
das Feuerwerk drückt die Hingabe der Kurve aus
die Hingabe für die Mannschaft
die Gesänge stimmen an
die Kurve explodiert vor Leidenschaft, es ist magisch
die Südkurve ist ein Kessel
das Dach ist tief, und es ist bis weit nach vorne gezogen
zwischen vorderem Ende der Tribüne und dem Zaun
bleibt ein Meter Platz, wie ein Kanal ist das
du stehst auf einer Stahlstangenkonstruktion
vorne der Zaun zum Spielfeld, hinten zu den Schrebergärten
du stehst auf Sand und Kies
links und rechts die Bierstände und die Wurststände
die Scheinwerfer, die Container, das Chaos
die Zigaretten, die Holztribünen in den Sektoren
woanders kämest du dafür ins Gefängnis
wegen grober Fahrlässigkeit
eine Holztribüne, alt und klapprig, auf der die Leute rauchen
die herumgereichten Biere, die Schreie
los Zelli, verdammt, lauf Zelli
*
Ich gehe seit der Meistersaison regelmässig
und ich gehe seit 1987 regelmässig
ich stehe seit zwölf Jahren in der Südkurve
wir gründeten 2004 einen Fan-Dachverband
um uns selbst zu stärken
um das Verhältnis zum Verein zu verbessern
Verein und Fans, das ist wie Tag und Nacht
wir müssen um jeden Millimeter kämpfen
wir müssen um Stehplätze im neuen Stadion kämpfen
sie bauen ein Stadion, das auf VIPs ausgelegt ist
und auf Konsumenten
deshalb wollen sie keine Stehplätze
im Espenmoos gab es keine VIP-Logen
im Kopf hat sich das schon länger geändert
wenn du in den Neunzigern mit dem Verein Ärger hattest
dann bist du während des Spiels rüber auf die Haupttribüne
und hast das diskutiert
heute verkriecht sich der Präsident nach dem Spiel
in der Loge mit Sponsoren
*
Der Verein sagt, Feuerwerk schadet uns
wir müssen Bussen bezahlen
wir sagen, diese Bussen sind zu verkraften
der Verein schickte die Polizei in die Kurve
wir haben zurzeit fünfzig Stadionverbote
viele wegen Feuerwerk
das ist der Punkt, an dem die Gespräche seit Jahren scheitern
zwischen Ultras und Verein, die Feuerwerk-Frage
der Verein sagt «Illegal»
wir sagen «Illegal, aber…»
die Südkurve ist das flammende Herz des Espenmoos
der Tiefpunkt zwischen Verein und Fans des FC St.Gallen
war ein Nachmittag im Jahr 2003
der FCSG spielte an einem Dienstag oder Mittwoch
ein Freundschaftsspiel gegen den FC Wil
wir zündeten Feuerwerk
der damalige Fanbeauftragte kam rüber zur Kurve und brüllte
«Ihr seid sozialer Abschaum, wir wollen euch hier nicht»
*
Mitte der Neunziger war es noch erlaubt, Pyro zu zünden
du bist ins Sekretariat des FC und hast gesagt
«Ich habe hier dreissig Fackeln, die würde ich gerne zünden»
und sie sagten «Okay»
dann bist du mit dreissig Leuten auf das Feld
und hast gezündet
dann kam Ende der Neunziger das Sprengstoffgesetz
und die Alten hörten auf, und die Jungen machten weiter
*
Wir finanzieren unsere Aktionen selbst
die Farben, die Spraydosen, den Stoff für die Choreografien
das kostet schnell mehr als tausend Franken
wir finanzieren uns durch Spenden
aber vor allem durch Fanartikel, die wir selbst produzieren
Schals und Pullover und T-Shirts
Alternativen zu den kommerziellen Angeboten des Vereins
zu Axpo-Super-League-Aufnähern und Gate 24 und so weiter
die Nachfrage ist enorm, der Erlös fliesst in die Fankasse
Unabhängigkeit ist ein grosses Wort
aber es ist der Ultra-Anspruch
kein Sponsoring, keine Abhängigkeit
keine dreizehn verschiedenen Anspielzeiten
diktiert vom Schweizer Fernsehen und von SAT 1
*
Einige aus der Kurve gründeten 2006 eine U-21-Fankurve
wir reisen an jedes Auswärtsspiel mit Fahnen und singen
dreissig Leute singen für den St.Galler Nachwuchs
der Trainer war davon so gerührt
er hat uns Fans Schals geschenkt
darauf steht «Fankurve U-21»
wir sind per Du mit dem Trainer
die Super-League ist für solch eine Nähe zu gross
zu sehr muss man es den Sponsoren recht machen
zu viel Geld, zu sehr AFG, und Ikea, und Champions League
statt Nähe im Quartierstadion
was sind schon 30’000 Franken für Bussen wegen Feuerwerk
in einem Millionenbudget
*
Das St.Galler Tagblatt hat vom Krieg geschrieben
wie im Krieg sei es gewesen
als St.Galler Fans die Luzerner Fans
beim Bahnhof St.Fiden angriffen
«Pyros und Gewalt ist dasselbe», behaupten die Medien
dabei sind selbst die Fans, die Feuerwerk zünden
und die Hooligans, nur manchmal dieselben
viele Ultras in der Schweiz lehnen Gewalt ab
Hooligans gab es schon immer, schon bevor im Espenmoos
die erste Rauchpetarde gezündet wurde
*
1978 gründeten wir «Super-Green»
den ersten inoffiziellen Fanclub im Espenmoos
wir waren befreundet mit den Zürchern
nur mit den Baslern hatte man es gar nicht gut
der FC Basel hat auf die Eintrittskarten geschrieben
«Betreten des Stadions auf eigene Gefahr»
während dem Spiel kamen die Basler
«Red Blue Army» hiessen die
zusammen mit Schaffhausern und stürmten den Block
schlugen auf alle ein, die rumstanden
Der FCSG gewann einmal im St.Jakob-Park 4:0
ich sang «O o o, die Basler sind k.o»
ich sah nicht, dass hinter mir zwanzig Basler standen
«Mal schauen, wer hier K.O. ist», sagten sie
und ich landete im Krankenhaus
Basel war schon immer so
wenn du mit zwanzig Leuten gekommen bist
dann kamen sie mit zweihundert
die Stadtpolizei hat das Olma-Spiel gegen Basel abgeschafft
das Spiel am Olma-Samstag war früher immer das Basel-Spiel
aber die Basler haben getrunken und gefeiert
und in den Olma-Hallen St.Galler verprügelt
und den Jahrmarkt demoliert
*
Damals in den Achtzigern und auch Anfang der Neunziger
war die Kurve klar rechts
das hat die Kurven trotz Rivalität verbunden
dass sie alle Rechts waren
wir waren keine Neonazis, wir waren nicht Deutsch-Rechts
da fällt mir Magdeburg ein
zu sechst fuhren wir ans Auswärtsspiel
Magdeburg gehörte damals noch zur DDR
die Zollkontrolle dauerte sechs Stunden
der FCSG spielte im europäischen Wettbewerb
das Stadion war voller russischer Soldaten
die Jungen in der DDR waren irre vom System
oben sassen russische Soldaten
und unten machte die ganze Fankurve den Hitlergruss
Wir selbst waren vor allem gegen die Ausländer
wir warfen im Espenmoos Bananen auf das Spielfeld
sangen «Eine U-Bahn eine U-Bahn eine U-Bahn bauen wir
von Basel bis nach Auschwitz»
und «Im Gegensatz zu euch – wir sprechen deutsch»
und «Trabazonspor, Besiktas, Galatasaray
Fenerbahce Istanbul, wir hassen die Türkei»
das waren Fangesänge der Achtziger und auch der Neunziger
der Südkurve im Espenmoos
*
Das änderte sich unter anderem mit den Ultras
es kamen Ausländer und Linke und Rechte
ein völliges Durcheinander herrschte plötzlich
die Parole in St.Gallen ist heute «Keine Politik in der Kurve»
die politische Einstellung muss der FC St.Gallen sein
nur so können wir eine starke Kurve werden
einige wollen in der Kurve ein Transparent gegen Rassismus
das müsse der kleinste gemeinsame Nenner sein
FC St.Gallen und Antirassismus
ich finde, das ist doch bereits wieder Politik
nein, da bin ich anderer Meinung
doch, das ist Politik
der U-Bahn-Gesang wäre heute sowieso nicht mehr möglich
nach dem WM-Qualifikationsspiel gegen die Türkei
stimmten sie im oberen Teil der Kurve das Türken-Lied an
unten drehten sich die Leute um und buhten
und zeigten den gestreckten Mittelfinger
und einige riefen «Wir kommen rauf
noch ein Wort, und wir kommen rauf»
dafür haben dann die Linken kurz vor der Abstimmung
zum Asyl- und Ausländergesetz ein Transparent gehisst
«Zweimal Nein», stand drauf und ausgerechnet an jenem Tag
hat Schützengarten Werbefotos von der Kurve geschossen
auf den Plakaten, die dann monatelang in der Stadt hingen
sahst du die feiernde Südkurve, und vorne leuchtete
«Zweimal Nein»
der Dachverband war stocksauer, alle waren sauer
selbst linke Fans waren sauer
es geht um Fussball
nicht um den anderen Dreck, um den es die ganze Zeit geht
*
Die Rede war vom Krieg
davon hat das St.Galler Tagblatt geschrieben
nach dem Heimspiel gegen Luzern im Frühling 2007
die Luzerner waren vom Bahnhof zum Stadion gelaufen
St.Galler stürmten heran, dieses Theater hast du immer
du hast es gegen Schaffhausen und Aarau und Luzern
auswärts greifen dich die Hooligans der Heimmannschaft an
weil in St.Gallen die lokalen Hooligans sie angegriffen haben
oder umgekehrt
so geht das hin und her, es hört nicht auf
Krieg ist das bei Weitem nicht, aber es ist zermürbend
es geht um meine Stadt gegen deine Stadt
«Sch* Aarauer Rüeblifresser!»
es ist Hass und Gewalt, es hat keinen Charme und Witz
aber du hast einen Faktor, der dabei unterschätzt wird
abgesehen vom Alkohol und dem Kokain
der Kokainkonsum ist in Schweizer Stadien populär geworden
aber ich rede von der Masse, die plötzlich in Fahrt gerät
plötzlich verlieren ruhige Typen die Kontrolle
es knallt, dann hast du Tränengas und Wut
und die Masse kommt in Bewegung
das kannst du niemandem erklären, der es nicht erlebt hat
einmal bin ich von einem Spiel nach Hause gekommen
ich war völlig aufgelöst, ich fragte mich selbst
«Wie konnte die Situation nur derart eskalieren?»
am nächsten Morgen beim Essen ging das nicht
Essen ging nicht
ich ging zum Arzt, und der Arzt sagte «Kieferbruch»
*
Die Luzerner hatten uns in ihrer Stadt angegriffen
sie warfen Steine auf unsere Busse
in St.Gallen zündete ich eine Fackel
und warf sie mitten in die Luzerner Fans
die Luzerner liefen vom Bahnhof St.Fiden zum Stadion
ich warf die Fackel aus Rache
denn in Luzern hatte ich einem, der auf mich zugestürmt war
eine geknallt und bekam dabei einen Pflasterstein ab
die Narbe habe ich immer noch
nun kam alles mögliche geflogen
Bierflaschen und Steine und meine Fackel
die Luzerner waren gute Leute
das hast du schon an ihrer Haltung gemerkt
die haben Kampfsporterfahrung
also bin ich gerannt, die hätten mich massakriert
ich kassierte nur ein paar Tritte in den Rücken
nur der Fanspezialist der St.Galler Stadtpolizei
der das ganze beobachtet hatte, er rannte zu langsam
die Luzerner packten ihn zu dritt
knallten ihn gegen ein Auto und schlugen ihn zusammen
*
Die Fanbullen kennt man
du gehst mit denen ab und zu ein Bier kippen
schon früher war das so, und der eine hatte eine Tochter
und mit der hast du rumgemacht
aber die machen ihren Job trotzdem, das war schon immer so
der Bulle säuft mir dir rum
und am Wochenende sieht er dich in der Nähe des Bahnhofes
und er weiss, du bist nur wegen dem Ärger da
und dann kriegst du eine Anzeige wegen Landfriedensbruch
und Stadionverbot von deinem Saufkumpel
*
Es gab schon immer viel Gewalt rund um Fussballspiele
die Gewalt ist heute nicht heftiger, aber häufiger
damals, 1982, rannte einer gegen YB auf das Spielfeld
er schlug den Schiedsrichter nieder
die Polizei hat einen Schäferhund losgelassen
der Hund rannte auf das Feld und war völlig verwirrt
und biss den Gisinger in den Arsch
der Gisinger war ein St.Galler Verteidiger
dann kam 1985 die Sache mit dem Helikopter
St.Gallen hatte mehrere Spiele unglücklich verloren
dann verloren wir auch gegen Xamax
wir alle waren uns einig, dass der Schiedsrichter schuld ist
wir versammelten uns vor dem Ausgang
Leute von der Haupttribüne, von überall
kamen und brüllten «Komm raus, du Sau!»
die Polizei hat alles abgesperrt und die Rega angefordert
die Rega ist mit dem Helikopter in das Stadion geflogen
und hat den Schiedsrichter nach Gossau geflogen
dort wartete einer mit dem Auto des Schiedsrichters
und dort ist er eingestiegen und heimgefahren
der «Blick» hat zehntausend Franken für ein Bild geboten
aber dieses Bild vom Helikopter, der im Espenmoos landet
dieses Bild gibt es nicht
aber wenn du «Globi bei der Rega» liest, dort ist es verewigt
dort fliegt Globi mit der Rega los
und evakuiert einen Schiedsrichter aus einem Fussballstadion
*
Es war 2003, da hat es bei vielen Leuten Klick gemacht
Zürcher tauchten in Schaffhausen auf
und verprügelten vor den Augen aller einen alten St.Galler
wir haben uns gesagt, es kann doch nicht sein
dass wir quer durch die Schweiz reisen
und ständig verprügelt werden
wenn wir eine starke Kurve sein wollen
dann ist es nötig, dass wir Leute in unseren Reihen haben
die keine Angst davor haben, angegriffen zu werden
so läuft es ab an Fussballspielen
du läufst zum Bahnhof, zum Beispiel in Schaffhausen
plötzlich bist du umringt von einheimischen Schlägertypen
*
Wer keine Gewalt sucht, der kommt um die Gewalt herum
*
Ich verliess den Hardturm
ich trug die Zaunfahne unserer Gruppierung im Rucksack
die Leute vom GC müssen das irgendwie gesehen haben
sie kamen auf mich los, dreissig Leute prügelten auf mich ein
ich liege am Boden, und sie schlagen und treten
und entreissen mir den Rucksack mit der Zaunfahne
es gibt Ultragruppen, die sich auflösen
wenn sie ihre Zaunfahne verlieren
wir haben das nicht getan
wenn wir in Zürich sind, ist das immer ein Spiessrutenlauf
die Zürcher marschierten später mit unserem Fetzen
durch St.Gallen und verbrannten ihn
*
Ich suchte den Ärger
ich stand vor dem Espenmöösli, der Beiz beim Gästesektor
und als die Fans des FC Lugano aus dem Bus stiegen
brüllte ich «Sch* Lugano»
sie kamen rüber und schlugen mich mit Knüppeln zusammen
das war 1998
später fuhren wir zu zehnt zum Cupfinal
haben in Bern betrunken «St.Gallen» gebrüllt
wir prügelten uns und wurden verhaftet
ich hörte den Cupfinal im Radio im Berner Knast
doch ein Stadionverbot würde ich nicht aushalten
das Espenmoos ist mein zweites Zuhause
ich kenne viele, die wurden beim Zündeln gesehen
Wochen später kriegten sie einen Brief vom Verein
dass sie für die nächsten zwei Jahre nicht mehr rein dürfen
in kein Fussballstadion der NLA und der NLB
der Super League und der Challenge League
ich würde sterben, abstürzen auf Drogen
ich wüsste nicht, was ich tun würde
wenn ich nicht mehr ins Stadion dürfte
*
Fussball, es geht einzig und allein um Fussball
den FCSG unterstützen, wo es nur geht
daheim und auswärts, ob in Basel oder Thun oder Einsiedeln
oder im Espenmoos
wenn ich im Extrazug an ein Spiel reise
ist mir schlecht vor Nervosität
es ist ein unbeschreibliches Gefühl
wenn du mit einem Mob aussteigst
zum Beispiel in Schaffhausen
wir tragen eine Blockfahne vorneweg, zünden Feuerwerk
der Capo stimmt durch das Megafon Lieder an
dann bekomme ich Gänsehaut, darauf kommt es an
zusammenstehen, und den Verein präsentieren
*
Banker, Arbeitsloser, 1000-Franken-Job-Programm
Lehrling, Student, Maurer, Betreibungsbeamtin
Automechaniker, Historiker, Buchhändler
Event-Manager, Unternehmer, Verkäufer
Grafiker, Reporter, Metzger, Bürofrau, Pöstler
Ein beruflicher Querschnitt durch die St.Galler Ultraszene
16 bis 34 Jahre alt
Schweizer, Kroaten, Brasilianer, Serben,
Italiener, Spanier, Portugiesen, Deutsche
die seit achtzehn Jahren fast jedes Spiel besuchen
oder seit fünfzehn Jahren
viele von ihnen mehr als die Hälfte ihres jungen Lebens
es gibt junge St.Galler, die sind so fussballverrückt
die sind als Kind nicht in einen Topf Zaubertrank gefallen
sondern in einen Topf Fussball
einer von den «Green-Fires» reist neben den FCSG-Spielen
seit Jahren an fast jedes Spiel von Atalanta Bergamo
und manchmal an einem Mittwoch nach Österreich
oder Hamburg
zwanzig Stunden Zugreise für ein Fussballspiel
von jedem Spiel schreibt er in A5-Heften einen Spielbericht
klebt Fotos ein und bewertet die Stimmung
es sind mehr als zehn Hefte inzwischen
es ist schon jetzt ein kleines Vermächtnis
*
Ich habe das Referendum gegen die Verschärfungen im
Bundesgesetz zur Wahrung der inneren Sicherheit
Hooligangesetz genannt, mitorganisiert
fast wäre das Referendum zustande gekommen
doch es war ein Totschlagwort
Hooligangesetz
wer ist nicht auch gegen Hooligans
dabei trifft das Gesetz vor allem jene
die damit nichts zu tun haben
es ist wichtig, dass wir aktiven Fans uns engagieren
auch gegen Repression
die Vereine sagen, dass ein Stadion privater Grund ist
und öffnen der Willkür dadurch Tür und Tor
sie können machen, was sie wollen
und brauchen es nicht zu begründen
und können dafür sogar noch die Polizei aufbieten
privater Grund, öffentlicher Grund, wie es gerade recht ist
deswegen bin ich engagiert bei einer
Organisation gegen willkürliche Stadionverbote
mit Fans des FC Zürich, FC Basel, FC Luzern
FC Winterhur, Grasshoppers, Young Boys und anderen
dieses Engagement
ist auch aus einem anderen Grund wichtig
es zeigt, dass in St.Gallen nicht alle das Gefühl haben
die Schweiz hört in Winterthur auf
du liebst St.Gallen, trinkst Bier mit einem vom FC Sion
und von den Young Boys und wohnst mit einem vom FCZ
*
Noch nie war die Kurve so gut, so vereint
so leidenschaftlich
der Verein spielte in den letzten Jahren Trümmerfussball
doch die Stimmung war oft wild und laut und gut
Gesänge und Fahnen und Choregrafien
das macht eine gute Kurve aus
vor allem Gesänge, die Gesänge sind das Wichtigste
viele fahren mit dem Car zum Auswärtsspiel
das ist nicht gut für die Einheit der Kurve
vielleicht sind wir gebrannte Kinder
immer wieder kamen wir unter die Räder
verprügelt von Fans, auf dem Weg vom Bahnhof zum Stadion
doch irgendwie muss das wieder möglich sein
ein geeintes Auftreten an jedem Spieltag
eine wilde, urbane und ernst zu nehmende Kurve
*
Wenn du als neue Fangruppe auftrittst
machst du dir als erstes einen Teil der Kurve zum Feind
weil du jung bist und voller Feuer und Leidenschaft
und neuen Schwung bringst, der den Alten suspekt ist
neue Gesänge, Rauch und Feuerwerk
doch ein zwei Jahre später bist du als Gruppe in der Krise
die Hälfte deiner Mitglieder ist aus dem Stadion geflogen
so erging es den «Green-Fires», den «Jokers», «Green-Flash»
«Kurve-Süd», «Green-Power», den Autonomen
und dann musst du ein, zwei Jahre warten
bis die Stadionverbote aufgehoben werden
dann siehst du, wer es mit dem Fantum ernst gemeint hat
wer nach einem Stadionverbot zurückkommt, meint es ernst
von denen, die zurückkommen
haben die meisten eine Wandlung durchgemacht
sie sind vorsichtiger geworden
nicht mehr gleich alle auf den Zaun klettern
und Feuerwerk zünden bei jedem Spiel
natürlich gibt es auch Ausnahmen
richtig Verrückte, die sich nicht brechen lassen
denen ein Stadionverbot egal ist
die seit zehn Jahren leidenschaftlich den FCSG verfolgen
und davon fünf Jahre ausserhalb des Stadions
solche Leute gibt es auch, sie verdienen Respekt
weil sie nicht jene sind, die zu den Jungen sagen:
«Früher war ich wild, heute bin ich nicht mehr so,
auch du wirst diese Veränderung durchmachen»
sondern immer weiter machen, weiter kämpfen
und wild bleiben für den FCSG
*
2005 verloren wir die Kontrolle
die Hälfte der aktuellen rund fünfzig Stadionverbote
die zurzeit gegen St.Galler Fans ausgesprochen sind
gehen auf einen Sonntag im Herbst 2005 zurück
der FC St.Gallen spielte gegen Xamax
das Spiel fand in La Chaux-de-Fonds statt
in Neuenburg wurde damals ein neues Stadion gebaut
St.Gallen gewann, das besserte die Stimmung der Fans nicht
bereits vor dem Spiel war es zu Rangeleien gekommen
mit der Polizei, mit dem Sicherheitspersonal
einige stürmten in die Kurve, ohne zu bezahlen
einige Leute waren überdreht und niemand war da
ein Fanarbeiter etwa, um die Situation zu beruhigen
eine Woche zuvor waren wir angegriffen worden
in Aarau war das, und so ist es dort meistens
jeder weiss es, du gehst nach Aarau und wirst angegriffen
wir wissen das, die Polizei weiss es
und es passiert trotzdem immer wieder
wir hatten uns erfolgreich gewehrt, wir waren noch alle high
die Bilanz des Tages in La Chaux-de-Fonds
24 Verhaftete, 24 Stadionverbote
*
Wir kamen aus dem Stadion
die Polizei hatte die Strasse abgesperrt
sofort flogen Steine und Flaschen
wir haben sie zugedeckt mit allem was rumlag
sie schossen Tränengas und trieben uns zum Bahnhof
wir sind ausgerastet, haben alles kurz und klein geschlagen
den Weg zum Bahnhof, den Bahnhof
den Kiosk, die Uhr, das Büro auf dem Perron
wir bewarfen die Polizei mit Schottersteinen
der Zug fuhr nicht los, und dann stürmte die Polizei den Zug
ich hielt mich an einer Stange fest
sie haben mir immer wieder zwischen die Beine getreten
damit ich die Stange loslasse
und sie haben mit Schlagstöcken auf die Beine geschlagen
und auf den Kopf
und mir Pfefferspray in die Augen gesprüht
sie haben mich aus dem Zug gezerrt
und mir mit Kabelbindern die Hände gefesselt
sie haben mich und einen anderen Gefesselten
eine steile Rampe heruntergeworfen
ich klatschte mit dem Gesicht auf den Boden
beim Verhör weigerten sie sich, deutsch zu sprechen
und wir konnten kein Französisch
wir unterschrieben Sachen, die wir nicht verstanden
und wurden verurteilt wegen
Landfriedensbruch und Gewalt und Drohung gegen Beamte
und Sachbeschädigung
ein Kommandant der Polizei kam zu mir in die Zelle und sagte
«La Chaux-de-Fonds ist eine solch friedliche, schöne Stadt
warum zerstört ihr ausgerechnet La Chaux-de-Fonds?»
und ich sagte «Ich weiss es auch nicht»
*
Für uns Fans müsstest du kein neues Stadion bauen
zumindest nicht dort draussen im Westen im Niemandsland
das neue Stadion ist ein VIP-Stadion
wir haben uns lange gefragt
warum bauen die das Dach so hoch im neuen Stadion
es ist fast dreissig Meter hoch, wir haben den Verein gefragt
«Warum baut ihr das Dach so hoch?»
wir bekamen nie eine Antwort, jetzt wissen wir warum
sie haben kürzlich ein neues Baugesuch eingereicht
für zusätzliche VIP-Logen
sie passen perfekt in den leeren Raum unter dem Stadiondach
sie wollen im neuen Stadion ein neues Publikum
wollen möglichst viele Gönner
St.Gallen baut ein neues Stadion und es gibt keine Fankneipe
aber sechs Restaurants für Gönner und Logen für Sponsoren
du baust ein neues Stadion und vergisst die Fankneipe
*
Das neue Stadion kann auch eine Chance sein
um alte Strukturen aufzubrechen
das Espenmoos ist mein zweites Zuhause
ich gehe seit achtzehn Jahren hin
ich seit fünfzehn, und ich war in vielen Stadien
kaum eines ist ein solch vollendetes Fussballstadion
wie das Espenmoos
der Kessel, die Nähe zum Spiel, der Charme
ich bekomme Gänsehaut, und trotzdem
kann die Arbonia-Forster-Gruppe-Arena eine Chance sein
die Karten werden neu verteilt
wir aktiven Fans müssen die Kurve übernehmen
die Plätze besetzen von Anfang an
so dass wir neunzig Minuten lang singen
dass jene, die hinter dem Tor stehen, wissen
warum sie hier stehen
um den Verein leidenschaftlich zu unterstützen
wenn die Kurve hinter dem Tor nicht einfach zum Ort
mit den billigsten Sitzplätzen im Stadion wird
sondern zur lauten Stehplatzkurve
dann können die aktiven Fans den Traum umsetzen
von einer noch lebendigeren und noch lauteren
und noch wilderen Kurve für den FC St.Gallen
*
Daniel Ryser, 1979, ist Reporter bei der Wochenzeitung (WOZ) in Zürich.
Fankurven International National
Re: Fankurven International National
"Es sind alles Studenten. Sie fühlen sich gut, weil sie was im Kopf haben. Sie haben mehr Geld, mehr Kontakte. Modefans."
- Frank the Tank
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- Wohnort: schergen-wg
Re: Fankurven International National
an dieser stelle gruss an hampi
Frank the Tank \\ 27.09.2007 - 27.09.2011 \\ För emmer oine vu öi.
Re: Fankurven International National
Zuletzt bearbeitet von Menzi am Fr 01. Sep. 1886 13:12, insgesamt 1886-mal bearbeitet
-
- Beiträge: 289
- Registriert: 21.08.08 @ 22:43
Re: Fankurven International National
http://www.20min.ch/sport/fussball/stor ... m-12924095Menzi hat geschrieben:100 Jahre Hajduk Split !!
http://www.youtube.com/watch?v=OLFn6B0L ... r_embedded
Hier auch noch was zu Split.
„Wenn ich über's Wasser laufe, dann sagen meine Kritiker, nicht mal schwimmen kann der.“
Berti Vogts
Berti Vogts
Re: Fankurven International National
D.A.G. hat geschrieben:denk drann wir sind hier in einem forum, hier ist einer dümmer als der andere
Super Hopper hat geschrieben:[...]hab nicht gesagt, dass dein zuschauertipp völlig doof ist, generell ist alles völlig doof was du schreibst.
Re: Fankurven International National
sschaut euch mal die spieler an , weichen keinen zentimeter zurück
http://www.bild.de/BILD/sport/fussball/ ... anien.html

http://www.bild.de/BILD/sport/fussball/ ... anien.html
Re: Fankurven International National
http://www.20min.ch/life/tv/story/13383033

Passt irgendwie. Wir demonstrieren für ein neues Stadion und die von ennet für irgendeinen walliser Bauer.20-minuten hat geschrieben:Höflich oder nicht: Bolliger ist sauer. Und will am Sonntag richtig auf die Pauke hauen. Zur Unterstützung hat er angeblich Fans des FC Zürich im Schlepptau. «Ich habe ganz vielen eine SMS geschickt», behauptet Bolliger. Auch die Kantonspolizei sei informiert

Schafe, denen kalifornische Wissenschafler beibringen wollten, Unkraut auf Weinbergen zu fressen, entwicklten eine ausgeprägte Vorliebe für Trauben der Rebsorte Chardonnay
Re: Fankurven International National
Hu Kärs?Cabri hat geschrieben:http://www.20min.ch/life/tv/story/13383033
Passt irgendwie. Wir demonstrieren für ein neues Stadion und die von ennet für irgendeinen walliser Bauer.20-minuten hat geschrieben:Höflich oder nicht: Bolliger ist sauer. Und will am Sonntag richtig auf die Pauke hauen. Zur Unterstützung hat er angeblich Fans des FC Zürich im Schlepptau. «Ich habe ganz vielen eine SMS geschickt», behauptet Bolliger. Auch die Kantonspolizei sei informiert