DAGEGEN
Andreas Minor (Bachenbülach)
Am Abstimmungstag vom 25. November müssen sich Stimmberechtigte eine Frage stellen: «Sollen die Stadtzürcher Steuerzahler direkt oder indirekt Jahr für Jahr Millionen für ein zweites Fussballstadion berappen?» Meine Meinung ist: Nein. Denn wir haben in Zürich bereits ein Stadion für diesen Zweck: den Letzigrund, der ja für die Austragung von Europameisterschaftsspielen taugte. Das Letzigrundstadion mag die paar tausend Zuschauer der Fussballvereine FCZ und GCZ mühelos schlucken. Warum also diese Zwängerei?
Grosse und bedeutendere Vereine in Europa wie etwa der FC Bayern München, Hertha BSC Berlin, AS Roma und Lazio Roma haben über Jahrzehnte in Olympiastadien mit Tartanbahn ge- spielt oder tun es immer noch, notabene in der Serie A, Bundesliga und Champions League. Das hat diesen Clubs keineswegs geschadet. Und im Gegensatz zum FC Bayern München, der sich sein Stadion selbst finanzierte, machen die Zürcher Fussballclubs die hoh- le Hand, respektive greifen indirekt in den Steuersäckel. Da sage ich: «Halt!». Wir haben in dieser Stadt genügend Bedarf an anderer Stelle. Es braucht für die stetig wachsende Bevölkerung mehr Infrastruktur, zum Beispiel viele neue Schulhäuser. Und dazu benötigt die Stadt Land und Geld. Am Mittagstisch in den städtischen Horten muss gespart werden – genau am falschen Ort: Eine gesund ernährte und gut geschulte nächs- te Generation sollte uns mehr wert sein als ein Stadion. Ein Argument für den Breitensport: Lieber Sportplätze und Turnhallen bauen, das hält fit. Und hilft nicht nur zwei, sondern allen Sportvereinen.
Letztes Argument: Besser Gebühren und Steuern senken als ein Stadion bauen, denn dann ha- ben wir alle etwas mehr im Sack.
Die Gegnerschaft wird immer grösser
Je näher der Abstimmungstermin rückt, desto grösser wird das Lager der Stadiongegner. Diesem gehören auch die SP und die Grüne Partei an. Die Sozialdemokraten bekämpfen in erster Linie die beiden Hochhäuser, die der CS als Renditeobjekte dienen. Die SP will ein von der Stadt finanziertes Fussballstadion und lanciert dazu eine Volksinitiative. Aus den bürgerlichen Kreisen hat sich kürzlich ebenfalls ein Gegner- komitee gebildet. Diesem gehört u.a. CVP-Nationalrätin Kathy Riklin an.
An vorderster Front kämpft der Koordinationsausschuss «Nein zum Hardturm-Bschiss» gegen das Stadion. Dieser besteht aus der IG Hardturmquar- tier, der IG Freiräume Zürich West und dem Höngger «Komitee gegen den Höhenwahn». Aus desen Reihen haben acht Bürger beim Bezirksrat eine Stimmrechtsbeschwerde eingereicht. Die IG Hardturmquartier fordert ausserdem die Offenlegung der Businesspläne für das Projekt Ensemble und wollte mit einem Gesuch die Aussteckung des Bauprofils erreichen. Dieses wurde jedoch vom Hochbaudepartement abgelehnt. (aj.)
DAFÜR
Annina Just (Zürich)
Meine Fussballbegeisterung nahm Ende der 90er-Jahre im ehemaligen Hardturm-Stadion ihren An- fang – zu noch glorreichen GC-Zeiten. Wie könnte sich vor diesem Hintergrund das Herz gegen ein reines Fussballstadion auf dem geschichtsträchtigen Areal aussprechen? Doch es ist nicht nur das Herz, das Ja sagt, auch der Kopf kann dahinterstehen.
Die Vorlage, über die wir am 25. November abstimmen, ermöglicht auf sinnvolle Art und Weise ein richtiges Fussballstadion. Und vor allem gibt es wohl kein «sozialeres» Projekt, das jemals auf diesem Areal realisiert werden könnte. Die Credit Suisse besitzt ein Rückkaufsrecht für ihr ehemaliges Land, wenn bis 2035 kein Stadion gebaut wird. Dass die Grossbank darauf verzichtet, ist eine illusorische Hoffnung – und somit ist die schöne Stadionbranche früher oder später sowieso dem Tod geweiht. Auch die Annahme, dass das Land zu einem marktüblichen Preis im Baurecht abgegeben werden könn- te und der Stadt keine Einnahmen entgehen, ist unrealistisch. Dafür müsste man das ganze Areal renditeorientiert überbauen – wohl kaum ein Weg, den Zürich wählen würde. Das Projekt «Ensemble» bietet hingegen weiterhin einige Freiräume, Wohnungen für verschiedene Bevölkerungsschichten, zwei Kindergärten und ermöglicht den Zürcher Fussballclubs Einnahmen, ohne die ein Überleben für sie schwierig würde. Dazu kommt, dass der oft kritisierte Einnahmeverzicht auch bei diversen Kulturstätten akzeptiert wird – wieso diese Unterstützung nicht auch dem Fussball gewähren? Schliesslich begeistert der Sport die Massen, trägt zur Integration bei, lässt den Nachwuchs träumen und animiert dadurch zum Sport treiben. Genau so, wie es anno dazumal das Fussballerlebnis im familienfreundlichen Hardturm bei mir getan hatte.
Zürich West, 25. Oktober 2018 (Lokalinfo)Stadtrat und viele Parteien sind dafür
Klarer Befürworter des Projekts ist der Zürcher Stadtrat. Aus dessen Rei-hen direkt mit dem Projekt involviert sind Stadtpräsidentin Corine Mauch, Hochbauvorsteher André Odermatt (beide SP), Finanzvorsteher Daniel Leupi (Grüne) und der Vorsteher des Schul- und Sportdepartments, Filippo Leutenegger (FDP). Die SP- und Grünen-Stadträte stellen sich dabei gegen die Position ihrer eigenen Partei. Ebenfalls für das Stadionprojekt «Ensemble» ausgesprochen hat sich der Gemeinderat mit 73 zu 37 Stimmen.
Die Ja-Parole gefasst haben die Parteien BDP, CVP, EVP, GLP, FDP und SVP. Obwohl sich Widerstand vor allem von links und von Anwohnerseite formiert, hat sich mit dem «Linken Flügel» auch ein Pro-Komitee gebildet, dem Politiker den linken Parteien angehören, u.a. Nationalrat Balthasar Glättli (Grüne) sowie die Kantonsräte Benedikt Gschwind (SP) und Markus Bischoff (AL). Auch aus dem Quartier gibt es Unterstützung durch die Vereinigung «Höngg sagt Ja». Dieser gehören Vertreter aus Sport, Wirtschaft und Wissenschaft an. (aj.)
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