Wie der FC Zürich seine Tickets versilbert

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Wie der FC Zürich seine Tickets versilbert

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Der FCZ übergab seinen Billetverkauf für eine Prämie dem Broker und GC-Handball-Präsidenten Arnold Schuler. Dieser wittert im Ticketing das grosse Geschäft.

Von Ueli Kägi Tages Anzeiger 18.10.2006

Kein Ertragsposten eines Schweizer Fussballklubs ist höher als die Matcheinnahmen. Rund 3 Millionen Franken sind es bei den Grasshoppers, auf einen etwas höheren Betrag kommt der FC Zürich. 22 Millionen sind es beim Ligakrösus FC Basel, 6 Millionen davon kommen aus dem VIP-Bereich. «Das Ticketing ist unser Hauptsponsor», pflegt deshalb GC-Geschäftsführer Martin Blaser zu sagen. Er würde den Ticketverkauf deshalb nie aus den Händen geben, hat für seinen Klub nach neuen Verkaufskanälen gesucht und diese in der Ladenkette des frischen GC-Hauptsponsors Mobilezone gefunden. Blaser kann sich vorstellen, nach dem Einzug in den Letzigrund das Ticketing zusammen mit dem FCZ zu organisieren.



Noch aber geht der Stadtrivale einen anderen Weg. Er übertrug die Verkaufsrechte für die Saison im Hardturm der GDM AG. Die Marketingfirma mit Sitz in Zug funktioniert auch als Ticketbroker. Sie kauft die Rechte an den Billetten und überträgt diese weiter an Verkaufsagenturen wie Ticketcorner und Starticket; oder sie bietet über eigene Vertriebskanäle umfassende Ticketinglösungen ohne fremde Hilfe an. An der Spitze der GDM AG hantiert Arnold Schuler, Präsident der GC-Handballsektion und einst im Computergeschäft zu Millionen gekommen. Ihm zur Seite steht Uwe Zimmer, in Handballkreisen auch bekannt als Spielervermittler.

Im Fall des FC Zürich funktionierte das Geschäft so: Der FCZ soll von der GDM eine Prämie kassiert haben. In der Branche ist von 50 000 bis 100 000 Franken die Rede. Zwischenhändler GDM bot das Kontingent Ticketcorner an und erhielt dafür mehr Geld als die dem FCZ bezahlte Prämie. Weder René Strittmatter, beim FCZ Verwaltungsrat und verantwortlich für das Ticketing, noch Schuler mochten zu den Zahlen Stellung nehmen.

Schuler: Kontrolle über 5 Mio. Tickets
Der FCZ hatte schon zuvor via Ticketcorner verkaufen lassen. Nur ohne Zwischenhändler. Mit seinen zusätzlich erhobenen Gebühren verdient der Ticketcorner pro verkauftes Billett rund 10 Prozent des aufgedruckten Ticketpreises, bei einem Preis von 30 Franken also 3 Franken. In einem guten Jahr kann er so allein dank dem FCZ 200 000 Franken einnehmen. Rund ein Viertel des jährlichen Gewinns soll in der alten Vereinbarung zwischen Ticketcorner und FC Zürich als Umsatzbeteiligung in den Klub zurückgeflossen sein.

Der Stadtklub hätte nach Schulers Angebot versuchen können, in direkten Verhandlungen mit Ticketcorner mehr Geld für sich herauszuhandeln. Das Ticketbroking allerdings hat sich als neuer Trend breit gemacht, und Schuler ist ein Spezialist. Er ist überzeugt davon, dass kleinere Klubs mit vergleichsweise geringem Billettumsatz als alleinige Vertragspartner nicht die Konditionen aushandeln können, wie es die GDM mit ihrem Geschäftsumfang kann.

Rund 5 Millionen Tickets von Sport- und Bühnenveranstaltungen vertreibt Schuler, das gibt ihm Kraft in einem «brutal umkämpften Markt» (Schuler). Mittlerweile drängen auch die beiden grossen deutschen Ticketagenturen CTS Eventim und Ticketonline in die Schweiz und buhlen um Partner. Ticketcorner ist mit über 12 Millionen verkauften Karten pro Jahr hinter den beiden Deutschen europaweit die Nummer 3. Die Reaktion des Ticketcorners auf Schulers Offensive dürfte sein, dass er direkt mit den Klubs in Verhandlungen tritt, um GDM auszubooten.

Die Deutsche Tourenwagen-Meisterschaft mit jährlich rund 900 000 Tickets gehört zu Schulers Kunden wie der Handballklub des HSV, der FCZ und Xamax. Aus dem Schweizer Spitzeneishockey sind es Servette und die SCL Tigers. Schuler möchte nächstens mit dem FC Aarau eine Vereinbarung abschliessen und bei GC vorstellig werden. Daneben steht er vor der Vertragsunterzeichnung mit einem grossen Tennisturnier.

Jeder grössere Schweizer Sportklub gehört zu seiner Zielgruppe. Abgesehen vom SC Bern, der mit seinen zirka 12 500 Saisonkarten nicht interessant ist. Abgesehen auch vom FC Basel und YB, die ihr eigenes Ticketing aufgezogen haben. «Wenn ein kleiner Klub alleine kommt, wird er von den grossen Tickethändlern doch nur ausgelacht», sagt er. Selbst machte er damals seine Erfahrungen mit dem Billetverkauf der GC-Handballer.

Schuler übernahm in diesem Frühjahr an der Handball-EM in der Schweiz das Ticketing für Zürich und Basel. Für die Handball-WM Anfang 2007 in Deutschland soll sich die GDM die Rechte laut deutschen Medienberichten mit einem Exklusivvertrag für 300 000 Euro gesichert haben. Den Verkauf der rund 400 000 WM-Eintrittskarten übertrug sie Ticketcorner. Ticketcorner hatte auf Grund seiner Expansionsgelüste in Deutschland ein strategisches Interesse an diesem Geschäft. Der Verkauf über ein in Deutschland noch kaum verankertes Schweizer Unternehmen sorgte in deutschen Handballkreisen für Verärgerung.

Die Umverteilung des Geldes
Der Verkauf, hauptsächlich über Internet und Callcenter abgewickelt, war allerdings erfolgreich. 230 000 Tickets sind für die Handball-Weltmeisterschaft schon abgesetzt. Schuler glaubt ohnehin nicht, dass Ticketschalter in Zukunft noch eine entscheidende Rolle spielen werden. Neben dem Internet spricht er von neuen Vertriebskanälen via Handy und SMS, die bald schon wesentliche Marktanteile erreichen sollen.

In Zusammenarbeit mit Servette bietet Schuler ein umfassendes Ticketing bereits an, Kunden können ihr Matchticket mit dem so genannten print@home-System wie auch bei der Konkurrenz zu Hause ausdrucken. Nächstens nimmt er ein neues Computersystem in Betrieb, das jedem Klub individualisierte Matchtickets offerieren kann und sich damit schon von Ticketcorner abhebt. Der vife Schuler macht sich breit im Geschäft. Er sagt: «Die Tickethändler haben bislang viel Geld verdient mit ihren 15 verschiedenen Gebühren. Wir versuchen, das Geld fairer zu verteilen.» Nicht ganz uneigennützig, versteht sich.

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